Donnerstag, 05 Januar 2023 20:51

„Ich durfte unglaublich viel Unterstützung erfahren“

geschrieben von

IMG 20220703 WA0000

2022 war wohl DAS Jahr von Arianit Besiri. Erfolg – viele sportliche und persönliche Highlights, neue Ämter und viel erreicht. Der Schiedsrichter des FSV Trier-Tarforst – und DFB-Integrationsbeauftragter, ist in diesem Jahr auch in das Amt des Vizepräsident des Fußballverband Rheinland, zuständig für die Bereiche sozial- und gesellschaftspolitische Aufgaben, gewählt worden. 2022 war aber auch geprägt von vielen Diskussionen rund um die Weltmeisterschaft in Katar – um Gleichberechtigung, Integration und Diskriminierung. Wir sprachen mit Arianit Besiri nicht nur über sein persönliches Jahr – sondern wollten von ihm auch wissen, wie er in diesem Jahr gewisse Themen beäugt hat.

Hallo Ari! Das alte Jahre ist vorbei – und wieder bleiben sehr viele Eindrücke zurück. Was für ein Jahr war für dich 2022 und was war dein persönliches Highlight?

Arianit Besiri: Die Wahl zum Vizepräsidenten des FV Rheinland war für mich ein besonderes Highlight. Ich denke gerne an den Moment in der Europahalle in Trier zurück. Auch der „Preis der Vielfalt 2022“, welcher durch die Staatsministerin Frau Reem Alabali-Radovan in Berlin persönlich an mich überreicht wurde, war für mich ein besonderes Highlight. Beide Ereignisse sind für mich Momente, in denen ich große Wertschätzung für mein Engagement im sozialen Bereich erfahre. Das motiviert mich und erfüllt mich mit Freude.

Auch für dich war in diesem Jahr viel passiert – unter anderem wurdest du zum Vizepräsidenten des FVR gewählt. Ein sehr verantwortungsvolles Amt in das du dich wie gut eingelebt hast?

Arianit Besiri: Das Ehrenamt des Vizepräsidenten erfordert ein sehr gutes Zeitmanagement. Man lernt aufgrund der Frequenz und aufgrund der Qualität der
Herausforderungen automatisch, wie wichtig effizientes Arbeiten ist. Es ist eine unglaublich sinnstiftende Aufgabe, die mich sehr erfüllt. Mittlerweile bin ich die Schlagzahl gewohnt und habe auch eine gewisse Routine entwickelt in der Herangehensweise. Das hilft mir dabei in der Zukunft größere Dinge anzugehen.

Was sind so die Aufgaben – mit welchen Dingen befasst du dich?

Arianit Besiri: Ich bin verantwortlich für den Bereich Gesellschaftliche Verantwortung und leite die gleichnamige Kommission, die aus aktuell 11 Mitgliedern besteht. Wir befassen uns mit Themen wie z.B. Nachhaltigkeit, Integration, Inklusion, Gewaltprävention und Dingen, die die Gesellschaft bewegt auf und neben dem Fußballplatz. Ich nehme jeden Monat an der Präsidiumssitzung teil und vertrete die Interessen des FV Rheinland nach außen und nach innen. Auf Bitte des Präsidenten Gregor Eibes vertrete ich auch ihn bei ausgewählten Veranstaltungen.

Neben deinem Beruf als Polizist – bist du ja auch noch Schiedsrichter. Drei Ämter – die du wie gestemmt bekommst bzw. reicht die Zeit?

Arianit Besiri: Der Beruf steht an erster Stelle. Was viele nicht auf dem Schirm haben: Schiedsrichter sein heißt Sportler sein. Hierbei kann eine Spielleitung, selbst in den unteren Klassen, individuell als eine gute sportliche Einheit genutzt werden. Ich nutze die Spiele also, um Mannschaftssport zu treiben. Die Vizepräsidentschaft erfordert auch eine gewisse Teamarbeit. Das klappt auf Präsidialebene sehr gut, aber auch in der Kommission Gesellschaftliche Verantwortung versuche ich neue Menschen an neue Aufgaben heranzuführen. Das ist mein Verständnis von Nachhaltigkeit im Ehrenamt.

1497d590 75ad 4b78 a153 cc15090550ab

Du stehst auch für Integration und setzt dich gegen Diskriminierung im Sport ein – zwei wichtige Bereiche, die sich im FVR wie gut entwickelt haben?

Arianit Besiri: Der FV Rheinland engagiert sich zusammen mit seinen Partnern und den Sponsoren schon seit Jahren gegen Diskriminierung und für Integration. Der Fußball steht dabei immer im Vordergrund. Als Fußballverband – wie kann es anders sein – sind wir sehr daran interessiert, dass der Ball für alle rollt. Wir haben im FV Rheinland mit der jährlich stattfindenden Ferienfreizeit „Mehmet trifft Max“ seit 2005 ein Projekt, welches explizit Begegnungen schaffen will. Im nächsten Jahr 2023 will ich Projekte angehen, welche die Diversität in den Vereinsstrukturen nochmal fördern sollen. Das alles unter der Maßgabe, dass jede und jeder willkommen ist und sich einbringen kann.

Die WM in Katar zeigte wieder einmal deutlich – Menschenrechte und Toleranz kommen nicht überall gut an. Wie stehst du zu dieser Weltmeisterschaft – was lief von Seiten des DFB schief und welche Reaktion wären letztendlich die richtigen gewesen?

Arianit Besiri: Die Achtung, Wahrung und Durchsetzung aller international anerkannten Menschenrechte ist Teil der FIFA-, DFB-, und FV Rheinland Satzung. Das ist das Ziel aller Mitgliedsverbände, darin ist man sich einig. Dazu bedarf es Strategien und daraus resultierend auch konkrete Maßnahmen. Die hitzigen und sehr emotional geführten Diskussionen über die geeigneten Maßnahmen haben dazu geführt, dass sich viele Geister geschieden haben. Ich persönlich denke es ist wichtig, dass überhaupt Fußball gespielt wurde. Der Fußball hat diese Diskussion doch erst ermöglicht. Er schöpft seine Kraft daraus, dass viele Menschen über Dinge auf und neben dem Platz sprechen. Wir haben mit der deutschen Nationalmannschaft leider nicht so erfolgreich abgeschnitten. Wir haben mit Marokko ein afrikanisches Land, dass es bis ins Halbfinale geschafft hat, WM-Geschichte geschrieben hat und somit Sympathien aus der ganzen arabischen, afrikanischen, aber auch europäischen Landschaft auf sich gezogen hat. Marokko gab auch hierzulande unzähligen muslimischen Menschen das Gefühl, repräsentiert zu werden. Ich habe mich in Koblenz spontan ein paar Marokkanern angeschlossen und habe mit ihnen gefeiert, als sie ins Halbfinale eingezogen sind. Mit Argentinien und Messi als Weltmeister kamen alle Menschen auf den Geschmack, die den Fußball jemals geliebt haben. Messis Gewand, sei es Instrumentalisierung oder vielleicht doch besondere kulturelle Wertschätzung, daraus resultiert die Frage: Wenn in einem Land eine WM stattfindet: Wollen wir dort eine klinisch sterile Situation schaffen, in der Unterschiede zu anderen Ländern abgebaut werden/sind oder wollen wir genau diese Spezifika sehen und den Fußball dazu nutzen. Wichtig ist: dass Fußball gespielt wird.

20221021 203958ARIIIIIIIII

Kommen wir noch zu deinem Heimatverein des FSV Trier-Tarforst. Viele Mannschaften liefern aktuell starke Ergebnisse – unter anderem auch die Rheinlandliga-Mannschaft, die momentan mit 37 Punkten Platz drei innehat. Was hast du so vom Sportlichen in diesem Jahr beim FSV mitbekommen – und wie bewertest du die aktuelle Entwicklung im Verein, auch in Bezug auf Integration und Toleranz?

Arianit Besiri: Ich freue mich immer sehr, wenn ich zu den Heimspielen komme. Trier ist meine Heimat und der Verein FSV Trier-Tarforst hat mir sehr viel gegeben. Sportlich macht es Spaß den Mädels und Jungs beim Fußballspielen zuzuschauen. Das Umfeld ist gesund und das Vereinsleben hat hier eine besondere Bedeutung. In Sachen Integration und Toleranz ist der Verein sehr engagiert und das liegt insbesondere an den vielen Helferinnen und Helfern.

Wo müsste man deiner Meinung nach noch mehr tun – was läuft im FVR noch nicht so gut?

Arianit Besiri: Die Gewinnung und Bindung von Ehrenämtler müssten noch stärker in den Fokus geraten. Hierbei sehe ich noch etwas Potential. Da aber auch wir als Verband gesellschaftlichen Entwicklungen unterliegen, müssen wir uns auch aktiv in der Politik und bei unseren Partnern dafür einsetzen, das Ehrenamt zu stärken. Der Sport hat in den letzten Jahren rund 1 Millionen Ehrenamtler verloren. Ich persönlich sehe mich in meiner Auffassung und aufgrund der zahlreichen Begegnungen nochmals darin bestätigt: Das Ehrenamt muss bei der wöchentlichen Arbeitszeit im Hauptberuf entlastet werden. Die Beibehaltung der bisherigen Verfahrensweise ist zwar kostengünstig, die Gesellschaft zahlt dafür aber einen hohen Preis. In einer repräsentativen Umfrage wurde festgestellt, dass 76% (Höchstwert) der Befragten dem Vereinsleben einen entscheidenden Beitrag zum Zusammenhalt in Deutschland beimessen. Daher müssen hier progressive politische Verbesserungen und Anpassungen zur Stärkung des Ehrenamtes und damit des gesellschaftlichen Zusammenhaltes vorgenommen werden. Dafür setze ich mich ein.

Dein Ausblick auf 2023 sieht wie folgt aus – sportlich, beruflich und privat?

Arianit Besiri: Durch sehr viele Menschen durfte ich unglaublich viel Unterstützung erfahren. Diesen Menschen möchte ich aufrichtig danken. Es tut gut, einen solch großen Rückhalt hinter mir zu wissen, bei meiner verantwortungsvollen Aufgabe. Ich möchte weiter fit und verletzungsfrei bleiben. Beruflich kommt einiges an Projekten auf mich zu, die ich gerne stemmen will. Ich werde kommendes Jahr Onkel und freue mich, auch dieser Verantwortung gerecht zu werden. Wichtig wäre es, wenn wir ein bisschen weniger Krise und ein bisschen mehr Fortschritt wagen könnten. Ich freue mich sehr auf das Jahr 2023.

Okay Ari, ich danke dir für das Interview und wünsche dir für das neue Jahr alles Gute, Gesundheit und weiterhin viel Erfolg in all deinen Ämtern!

Arianit Besiri: Danke!